Sie wurden wegen Urkundenfälschung angezeigt und haben eine Vorladung als Beschuldigter von der Polizei erhalten

Urkundenfälschung gem. § 267 StGB ist kein Kavaliersdelikt und wird auch bei geringem Schaden von den Strafverfolgungsbehörden zur Anklage gebracht. Ein Gang zum Strafverteidiger kann helfen, schwerere Sanktionen, wie z.B. eine Verurteilung und einen Eintrag im Führungszeugnis zu verhindern. Gerade der Tatbestand der Urkundenfälschung gem. § 267 StGB ist nicht eindeutig formuliert. Wann liegt z.B. eine Urkunde vor? Ist das Gebrauchen einer gefälschten Urkunde auch eine Urkundenfälschung gem. § 267 StGB. Deshalb ist es häufig für einen juristischen Laien oft nicht klar, wann eine Urkundenfälschung im Einzelfall vorliegt. Eine Vorladung als Beschuldigter sollten Sie ignorieren und sich an einen Strafverteidiger wenden.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin, zeigt Ihnen im Folgenden die wichtigsten Fragen und Probleme im Zusammenhang mit der Urkundenfälschung. Insbesondere erfahren Sie:

Wann habe ich mich der Urkundenfälschung strafbar gemacht?

Nach § 267 StGB macht sich der Urkundenfälschung strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht. Es müssen alle sogenannten objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sein, damit eine Strafbarkeit gegeben ist.

Ich habe ein Zeugnis für eine Bewerbung abgeändert. Ist dies ein Fälschen einer echten Urkunde?

Eine Urkunde ist jede verkörperte Gedankenerklärung, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und die ihren Aussteller erkennen lässt.

Ein Zeugnis verkörpert den Nachweis, eine Prüfung mit einem bestimmten Abschluss oder eine Qualifikation erfolgreich absolviert zu haben. Sie ist daher eine verkörperte Gedankenerklärung. Sie ist auch zum Nachweis im Rechtsverkehr bestimmt, dass man die Prüfung entsprechend bestanden hat. Aussteller eines Zeugnisses sind meist Prüfungsämter oder Prüfungskomitees. Sie müssen auf dem Zeugnis als Aussteller erkennbar sein.

Unecht ist die Urkunde dann, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der als Aussteller auf ihr erkennbar ist. Es muss eine Identitätstäuschung vorliegen. Die schriftliche Lüge ist keine Urkundenfälschung.

Aussteller des Zeugnisses ist im Beispiel das Prüfungsamt. Darüber wird nicht getäuscht. Die Urkunde ist also echt.

Das Verfälschen einer Urkunde ist jede nachträgliche Veränderung der Beweisrichtung und des gedanklichen Inhalts der Urkunde. Wenn ich also die Prüfungsnote ändere, ändere ich den gedanklichen Inhalt des Zeugnisses zu meinen Gunsten.

Das Abändern eines Zeugnisses ist also ein Fälschen einer echten Urkunde und bei Vorliegen aller subjektiven Tatbestandsmerkmale nach § 267 StGB strafbar.

Ich habe eine Fahrkarte erst nach Fahrtantritt in der Bahn entwertet. Ist dies ein Herstellen einer unechten Urkunde?

Aussteller der Fahrkarte sind die Verkehrsbetriebe. Diese sind auch bei späterem Entwerten noch als Aussteller erkennbar. Unecht wäre die Urkunde nur dann, wenn sie einen anderen als den wirklichen Aussteller erkennen lässt. Als Aussteller sind nach dem verspäteten Entwerten immer noch die Verkehrsbetriebe erkennbar. Es liegt somit kein Herstellen einer unechten Urkunde vor. Fälschen einer echten Urkunde liegt ebenfalls nicht vor, weil die Beweisrichtung, wann der Fahrgast das Verkehrsmittel betreten hat, nicht nachträglich geändert wurde. Der Fahrschein wird erst mit dem Abstempeln zur Urkunde, weil er vorher keine Beweisfunktion hat.

Dieses Verhalten kann aber ein strafbares Erschleichen von Leistungen nach § 265a StGB (Schwarzfahren) darstellen.

Anders sieht es aus, wenn man den ursprünglichen Entwertungsstempel z.B. durch mechanische Rasur entfernt und die Fahrkarte erneut abstempelt. Dann liegt das verfälschen einer echten Urkunde vor, was als Urkundenfälschung gem. § 267 StGB strafbar ist.

Auch wer ein Semesterticket, eine Jahreskarte oder einen Parkausweis für Schwerbehinderte durch Kopieren oder ähnlichem manipuliert oder herstellt, begeht eine Urkundenfälschung, weil er eine unechte Urkunde herstellt beziehungsweise eine echte Urkunde fälscht. Dies gilt aber in der Regel nur, soweit die „Urkunde“ nicht als Kopie erkennbar ist.

Ich habe mit einem anderen Namen unterschrieben. Liegt hier das Herstellen einer unechten Urkunde vor?

Wenn ich mit einem anderen Namen unterschreibe, täusche ich darüber, dass die Gedankenerklärung nicht von mir, sondern von demjenigen stammt, mit dessen Namen ich unterschrieben habe. Wenn das Schriftstück dann ansonsten eine Urkunde darstellt, habe ich mit der Unterschriftenfälschung eine unechte Urkunde hergestellt. Ausnahmen gelten dann insbesondere aber, wenn der falsche Name nicht existieren kann und dies für jedermann erkennbar ist, zum Beispiel bei „Donald Duck“ oder einem ähnlichen Namen.

Ich habe eine Kopie meines Zeugnisses gemacht und einige Stellen verdeckt kopiert. Habe ich eine unechte Urkunde hergestellt?

Eine Fotokopie ist dann keine Urkunde, wenn für den Rechtsverkehr ersichtlich ist, dass es sich um eine Fotokopie handelt. Eine Fotokopie dient im Rechtsverkehr nicht als Beweismittel. Wer im Beispiel also eine einfache Kopie des Zeugnisses oder Arbeitszeugnisses erstellt und einige Stellen verdeckt, stellt keine unechte Urkunde her. Er macht sich gegebenenfalls nur des Betruges strafbar. Anders sieht es aus, wenn eine Kopie nicht mehr als Kopie erkannt werden kann, vielmehr der Eindruck eines Originals erweckt wird. In diesem Fall liegt eine Urkundenfälschung vor.

Ich habe, um bei der Bank einen Kredit zu bekommen, meine Gehaltsabrechnung geändert. Liegt eine Urkundenfälschung vor?

Die Gehaltsabrechnung wird vom Arbeitgeber mit einem bestimmten Inhalt ausgestellt. Sie dient im Rechtsverkehr zum Nachweis des monatlichen Einkommens. Wer daran etwas verändert, fälscht eine echte Urkunde und macht sich der Urkundenfälschung und gegebenenfalls des Betruges strafbar. Anders sieht es nur aus, wenn das Dokument, welches man einreicht, erkennbar eine Fotokopie ist. Genauso verhält es sich mit gefälschten Verträgen, wie Mietvertrag oder Kaufvertrag.

Was fällt noch unter Urkundenfälschung?

Urkunden sind auch fest mit Gegenständen verbundene Beweiszeichen, wie das Autokennzeichen. Eine Manipulation oder ein Austausch der Nummernschilder stellt eine Urkundenfälschung dar. Auch Nummern auf Fahrzeugen oder Motoren sind Beweiszeichen und stellen zusammen mit dem Kraftfahrzeug eine Gesamturkunde dar. Weitere Beispiele für eine Urkunde sind das TÜV Kennzeichen, die Umweltplakette sowie Quittungen.

Gesamturkunden sind auch Preisschilder, die fest mit der Ware verbunden sind. Eine Manipulation daran stellt also (auch) eine Urkundenfälschung dar.

Was muss ich bei der Urkundenfälschung gewusst haben?

Um sich der Urkundenfälschung strafbar zu machen, muss man vorsätzlich und zur Täuschung im Rechtsverkehr gehandelt haben. Man muss Kenntnis der wesentlichen Umstände haben, aus denen sich die Urkundeneigenschaft ergibt. Zur Täuschung im Rechtsverkehr handelt man, wenn man einen anderen versucht, über die Echtheit der Urkunde zu täuschen und ihn dadurch zu einem rechtlich erheblichen Verhalten veranlassen will. Wer also seinen Personalausweis oder seine Geburtsurkunde verändert, um dem Liebhaber zu gefallen, begeht keine Urkundenfälschung.

Welche Strafe erwartet mich?

§ 267 Abs. 1 StGB hat ein Strafmaß von Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Welche Strafe der Richter im Einzelnen verhängt, hängt von der Schwere der Schuld, insbesondere den Vorstrafen, der Tatbegehung und dem Ausmaß des Schadens ab. Hier ergeben sich gute Ansatzmöglichkeiten für einen Strafverteidiger, zum Beispiel auf ein Einstellen des Verfahrens wegen geringer Schuld hinzuwirken.

Häufig kommt es vor, dass man ein schlechtes Gewissen nach einer Urkundenfälschung bekommt. Dringend abzuraten ist von einer Selbstanzeige ohne vorherige Konsultation eines Strafverteidigers. Regelmäßig lässt sich durch die Beteiligung eines Anwaltes für Strafrecht ein besseres Ergebnis in Form einer milderen Sanktion erzielen.

Was ist eine schwere Urkundenfälschung und welche Strafe droht?

Nach § 267 Abs. 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer

  1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
  2. enen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
  3. durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
  4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger missbraucht.

Was ist eine besonders schwere Urkundenfälschung und welche Strafe droht?

§ 267 Abs. 4 StGB stellt dann noch eine besondere Form der gewerbsmäßigen Urkundenfälschung unter besonders hohe Strafe. Nach § 267 Abs. 4 wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung insbesondere von Urkundsdelikten zusammengeschlossen hat, gewerbsmäßig begeht.

Welche ähnlichen Straftaten gibt es noch neben der Urkundenfälschung?

§ 267 Abs. 4 StGB stellt dann noch eine besondere Form der gewerbsmäßigen Urkundenfälschung unter besonders hohe Strafe. Nach § 267 Abs. 4 wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung insbesondere von Urkundsdelikten zusammengeschlossen hat, gewerbsmäßig begeht.

In den Paragraphen 268 und 270 StGB wird dann das Fälschen technischer Aufzeichnungen und Datenverarbeitungsanlagen unter Strafe gestellt. In der Praxis wird jedoch nur wenig nach diesen Normen verurteilt.

Wer fremde Urkunden, technische Aufzeichnungen oder beweiserhebliche Daten vernichtet oder unterdrückt, um einen anderen einen Nachteil zuzufügen, wird nach § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB bestraft. Schutzgut ist hier die Sicherheit des Rechtsverkehrs, weil es sich um Beweismittel handelt. Hier ist das Strafmaß ebenfalls Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Ich habe die Urkundenfälschung vor Jahren begangen, wann tritt Verjährung ein?

Papier ist geduldig, deshalb kommt es vor, dass man erst nach Jahren völlig unerwartet eine polizeiliche Vorladung als Beschuldigter erhält. Hier ist immer zu prüfen, ob gegebenenfalls Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Bei Taten mit einem Strafmaß von bis zu fünf Jahren sieht das Strafgesetzbuch gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vor. Das heißt, dass die Tat fünf Jahre noch Vollendung von den Organen der Strafrechtspflege nicht mehr verfolgt werden darf. Vollendet ist die Urkundenfälschung mit dem Herstellen der unechten Urkunde, dem Fälschen der echten Urkunde oder dem Gebrauchen der unechten oder echten Urkunde.

Wann brauche ich anwaltliche Hilfe?

Wenn Sie wegen Urkundenfälschung angezeigt wurden, müssen Sie vor Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht keine Angaben zur Sache machen. Ihr Schweigen wird Ihnen nicht als Schuldanerkenntnis ausgelegt. Einer Vorladung vor der Polizei oder dem Staatsanwalt müssen Sie nicht Folge leisten. Sie sollten sie ignorieren. Vorladungen vor Gericht sind jedoch einzuhalten. Häufig kann durch die Strafverfolgungsbehörden nicht belegt werden, dass es sich tatsächlich um eine Urkunde im Sinne von § 267 StGB handelt. Erst Ihre Einlassung kann dazu führen, dass ein Nachweis der Urkundenfälschung möglich ist. Deshalb sollten Sie sich frühzeitig an einen Strafverteidiger wenden. Nach Akteneinsicht ist es dann möglich, eine Einlassung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden abzugeben, die auf die Schwächen des Beweisergebnisses eingeht.